Entertainment in der Zukunft
Wohin führen uns interaktive Filme?
Es war selbst für den Streamingdienst-Giganten Netflix ein finanzielles Wagnis: Wie würden Kritiker den ersten interaktiven Film „Bandersnatch“ aufnehmen? Mit dem „Black Mirror“-Hit hat das Unternehmen letztlich einen Coup gelandet und ein Filmerlebnis geschaffen, das auf vielen Ebenen funktioniert.
In Spielfilmlänge folgt die Handlung einem schüchternen Videospiele-Entwickler, dessen Plan es ist, aus dem Fantasy-Roman „Bandersnatch“ ein Choose-Your-Own-Adventure Game zu machen. So erklärt sich gleichermaßen das Feature für Zuschauer, die nicht nur zwischen Cornflakes Sorten und „Trotteligkeiten“ entscheiden, sondern auch über Leben oder Tod des Protagonisten. Als Netflix-Abonnent wird man quasi in die Handlung verwoben. Besonders kurios wirkt eine Szene, in der das Publikum dem Entwickler aus den Achtzigern Netflix selbst erklären soll.
Keine neue Idee, aber wesentlich besser umgesetzt
Mit der Idee, Zuschauer durch Gamification zum Mitmachen und -fiebern zu bewegen, hat bereits das lineare Fernsehen in Form eines Tatorts im Jahr 2000 begonnen; auch die Verfilmung des Stücks „Terror“ von Ferdinand von Schirach verdient es, an dieser Stelle als Vorreiter genannt zu werden. Damals konnte das TV-Publikum gar anrufen und entscheiden, ob ein Major der Luftwaffe für einen Terrorakt schuldig gesprochen werden solle.
Zurecht argumentierte der Autor eines Artikels der Hannoverschen Allgemeinen hierauf, dass die langen Anrufzeiten den Sichtfluss anders beeinflussten, als ein schneller Klick auf dem Bildschirm. Zudem beklagte er, dass vermehrt individualisiertes Fernsehprogramm jegliches TV-Gemeinschaftsgefühl unterbinden könne: „Man stelle sich einmal vor: Anhänger von Happy Ends könnten das Ende von „Titanic“ einfach umändern!“